
Album-Tipp | 20.04.2023 - Tim Bendzko: April
Es knospt, blüht und zwitschert. Und nun windet uns ein weiterer Frühlingsbote einen Kranz aus 15 Songs: Mit seinem Album „April“ meldet sich Lockenkopf Tim Bendzko nach vier Jahren zurück.
“Komm aus dem Winterschlaf, alle Akkus aufgeladen” – mit diesen Zeilen im Titelsong „April“ verkündet Tim Bendzko, dass mit ihm wieder zu rechnen sei. Doch April, April: Der seit einigen Jahren begeisterte Potsdamer hat gerade seine lang erwartete Tour abgebrochen. Waren die Akkus doch nicht ausreichend geladen? Zumindest erweist sich mal wieder die Unberechenbarkeit des Aprils, die dem Songschreiber als Allegorie für das Auf und Ab der Gefühle dient.
Ob es die Geschichte vom unerwarteten Verlassenwerden („Alleine in Paris“), von einer toxischen Beziehung („Du Du Du“) oder der erhofften Komplizenschaft („Irgendwas mit Liebe“) ist – auch auf Longplayer Nummer 5 geben Emotionen den Takt an. „Ich bin jemand, der sehr selten Geschichten schreibt. Ich versuche eher, ein Gefühl zu beschreiben und einzufangen. Ich freue mich (…), wenn ich ein Thema finde, das einen roten Faden hat und über das ich etwas erzählen kann, ohne dass es sich komisch anfühlt“ erklärt er.
Eins dieser Themen hat Bendzko, ganz Vertreter der Generation Y, in der Klimakrise gefunden. Zwar spielt die Titelzeile “Wer rettet die Welt für mich?” augenscheinlich auf sein amüsantes „Nur noch kurz die Welt retten“ an, doch nun, 12 Jahre später, ist es ein Appell: Steckt den Kopf nicht in den Sand, bedenkt Euer Konsumverhalten! Gut gemeinte Gesellschaftskritik, die textlich allerdings nur ein laues Lüftchen erzeugt. Um Windräder in Bewegung zu setzen, hätte es mehr bedurft.
Glaubhafter wirkt der 38-jährige wieder in Liebesballaden wie „Phantomschmerz“ und wenn er im letzten Song des Albums detailliert über die Geburt seines Sohnes vor etwas mehr als zwei Jahren singt. «Für dich, für dich (…), das ist alles, was ich fühle. So lange ging es nur um mich. Jetzt ist es deine Bühne.»
Fazit: Bendzko liefert gewohnt soliden Radio-Pop, mal humorvoll-optimistisch, gelegentlich nachdenklich, bisweilen selbstmitleidig. Mit etwas mehr textlicher Tiefe, größerer Sorgfalt beim Reimen, mehr Ecken und Kanten hätte aus „April“ ein fulminantes Frühlingserwachen werden können.