Die Gemeinde Karstädt ist noch recht jung. Durch die Gemeindegebietsreform wurde 2003 das Amt Karstädt aufgelöst und die Gemeinde Karstädt gegründet. Heute leben in den 13 Ortsteilen insgesamt rund 6.000 Menschen. Und sie haben vor allem eines: richtig viel Platz. Denn auf einem Quadratkilometer leben statistisch gesehen gerade einmal 24 Menschen. Um sie herum: viel Natur, Wälder und Wiesen. Der Fluss Löcknitz begleitet Besucher durch das gesamte Gemeindegebiet, das zum Teil auch im Naturschutzgebiet der Brandenburgischen Elbtalaue liegt. Der Hauptort Karstädt selbst wurde 1271 erstmals urkundlich erwähnt und ist heute Sitz der Gemeindeverwaltung.

Weite Wiesen, Wälder, idyllische Dörfer und Ruhe pur – das alles ist Karstädt. Am besten lässt sich die Gemeinde mit seinen 13 Ortsteilen per Fahrrad erkunden. Möglich ist das auf zwei ausgewählten Radrundkursen durch die Gemeinde. Der Rundkurs dorfromantik ist 49 Kilometer lang und führt über den Hauptort Karstädt nach Dallmin mit seinem Schlosspark und dem früheren im Renaissancestil erbauten Schloss, über Blüthen mit dem Pfarrhausmuseum bis nach Laaslich – einem hübschem Straßenangerdorf. Der zweite Rundkurs „Landidylle“ führt über Mankmuß nach Rekenzin, vorbei an der Löwenkopfbrücke, Groß Warnow bis nach Boberow im Rambower Moor. In Blüthen, Boberow und Laaslich warten drei sogenannte Radwegekirche auf die Gäste. Dort können Radler in den kühlen Gemäuern eine Pause einlegen, im Gästebuch stöbern oder Informationen zu Aktivitäten vor Ort bekommen.

Seit 2005 bildet Karstädt gemeinsam mit den Städten Perleberg und Wittenberge den Regionalen Wachstumskern Prignitz. Zentral zwischen Berlin und Hamburg gelegen wollen die drei Städte Innovationstreiber und Ansprechpartner für die Wirtschaft sein – mit Erfolg. So ist Karstädt mit einen gerade einmal 6.000 Einwohnern ein brummender Wirtschaftsstandort. Unter anderem haben sich hier hochspezialisierte Stahlbaufirmen, die Lebensmittelindustrie, wie etwa ein Cerealienwerk, und Logistikunternehmen angesiedelt. „Durch den Regionalen Wachstumskern konnten wir besser fördern“, sagt Karstädts Bürgermeister Udo Staeck. Karstädt kann vor allem mit dem direkten Autobahnanschluss über die A14, sowie der Bahnanbindung Berlin-Hamburg punkten.

Etwas versteckt und abseits des gleichnamigen Ortsteils gelegen steht die Burg Stavenow. Über 665 Jahre alt, kann die Burg auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. So war die Burg Wohnort der Quitzows – einst die gefürchtetsten Raubritter der Mark Brandenburg. Die Burg wurde mehrfach umgebaut und erweitert, zwischenzeitlich war sie sogar ein stattliches Schloss. 1945 wurde es aber geplündert und ist ausgebrannt. Übrig blieb der älteste und kleinste Teil der Burg – der Burgturm. Die heutige Besitzerin Okka de Wall, eine Ostfriesin, hat in der Burg ein kleines Hotel errichtet und sie sagt: die dicken Burgmauern beschützen uns heute noch.

Wer durch den kleinen Karstädter Ortsteil Waterloo fährt, der hat sicher gleich die schwedischen Musiker von Abba im Ohr oder muss an die Schlacht nahe dem belgischen Waterloo denken. Mit letzterer hat das Prignitz-Dorf sogar etwas gemein: der kleine Ort wurde 1817 als Vorwerk von Gut Stavenow gegründet. Dessen Besitzer Otto Karl Friedrich von Voss hatte 1815 an der Schlacht gegen Napoleon teilgenommen und benannte zur Erinnerung sein Vorwerk nach dem belgischen Ort. Weltweit gibt es heute über 100 Orte, die Waterloo heißen. Einige Vertreter von ihnen begrüßte das Karstädter Waterloo 2003 zum internationalen Waterloo-Treffen.

Karstädt war der Kindheits- und Jugendort von Wilfried Erdmann, dem ersten Deutschen der allein mit einem Segelboot die Erde umrundete. Mit 17 siedelte er nach einer Tischlerlehre in die Bundesrepublik Deutschland über. Zwischen 1958 und 1959 fuhr er mit dem Fahrrad über Nordafrika bis nach Indien, wo er die Lust für das Segeln entdeckte. Dabei war er kein Bootsmensch, wie Erdmann in seinem Buch „Ich greife den Wind“ schreibt: „Ich war kein Mensch, der sich mit Booten und Meer auskannte. Mein Wasser waren die Karpfenteiche hinterm Schloss und das Schwimmbad in Karstädt, wo ich aufwuchs.“ Gut zehn Jahre später umrundete er mit seinem Segelboot Kathena als erster Deutscher allein die Erde.

Rund um den Karstädter Ortsteil Boberow liegt das Rambower Moor. Es gilt als eines der schönsten Durchströmungsmoore in Brandenburg, 2014 wurde es sogar von der Heinz Sielmann Stiftung als Deutschlands schönstes Naturwunder ausgezeichnet. Das Rambower Moor ist durch einen eiszeitlichen Einbruch entstanden. Auf einem gut zwölf Kilometer langen Rundweg können Besucher die Tier- und Pflanzenwelt erkunden, besonders empfehlenswert sind die beiden Aussichtspunkte – der Vogelbeobachtungspunkt, sowie der Rambower Moorblick. Im Frühjahr wachsen auf den Feuchtwiesen Orchideen oder Sumpfdotterblumen, auch lässt sich der orangerote Feuerfalter beobachten. Außerdem wird das Moor von Kranichen und Wildgänsen als Schlafplatz genutzt.

Ronald Otto aus Postlin bei Karstädt liebt und lebt seinen Job – seit 40 Jahren ist er Hufschmied. Und er hat genug zu tun: Ronald Otto ist der einzige Hufschmied im Landkreis Prignitz und fährt im Umkreis von hundert Kilometern zu seinen Kunden. Er züchtet selbst Pferde, ist Fahrsportler – ist also viel mit Kutschen unterwegs. Sein Kundenkreis erstreckt sich über fünf Bundesländer. Das Handwerk ist körperlich anstrengend, doch von neumodischen Hilfsmitteln hält er nichts. „Es gibt ein paar Schmiede, die mit Elektrohobel oder mit einer Flex arbeiten. Aber das setzt sich nicht durch. Das wird immer Handarbeit bleiben“, so Otto.

Im Ortsteil Blüthen zeigt das Pfarrhausmuseum, wie es sich als Pfarrer auf dem Land lebte und welche Bedeutung die evangelische Kirche in der Region hatte. Das Haus ist 1863 nach Standardvorgaben für ein ev. Landpfarrhaus errichtet worden. Von 1930 bis 1994 wurde es vom letzten am Ort amtierenden Pfarrer Karl Groß und seiner Frau Gerlinde bewohnt. Durch viel Engagement haben die Dorfbewohner das Gebäude und den Nachlass erhalten. Heute berichten Fotos von Amtshandlungen, Festen und Hochzeiten – auch die Dorfbewohner des Pfarrsprengels kommen zu Wort.

An der Bahnstrecke Berlin – Hamburg steht nahe des Karstädter Ortsteils Streesow die Löwenkopfbrücke. Sie wurde 1846 gebaut und an jeder Seite sind jeweils zwei Löwenköpfe als Verzierung angebracht. Der Brückenname lässt auch Rückschlüsse auf das angrenzende Gebiet – den Streesower Löwengrund zu. Die Brücke steht heute unter Denkmalschutz und erinnert an die Frühzeit der Eisenbahnen in Deutschland. Sie gilt sogar als eine der ältesten erhaltenen Brücken über Bahnstrecken in Deutschland.