Luftaufnahme von Joachimsthal am Grimnitzsee, Bild: imago images/blickwinkel
Blick auf die Landschaft des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin | Bild: imago images/blickwinkel

Ist Joachimsthal zu klein? - Wachsen in der Biosphäre

Joachimsthal ist ein kleines Städtchen mitten im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Geht es nach dem Bürgermeister, soll Joachimsthal in den nächsten Jahren wachsen. Im Ort stößt das aber nicht nur auf Gegenliebe.

Der ALDI am Ortseingang hat dicht gemacht. Seit einem Jahr schon ist der Markt geschlossen. „Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit“, heißt es aus der ALDI-Zentrale. Offenkundig ist die Stadt für vier Supermärkte zu klein. Unterversorgt ist Joachimsthal damit sicher nicht. Dennoch sieht Bürgermeister René Knaak-Reichstein den Weggang des Discounters als Signal. Die Stadt brauche mehr Einwohner, sagt der CDU-Politiker, um die Infrastruktur wie Ärzte, Apotheken und den Einzelhandel zu erhalten.

Mehr Spielraum für Wohnungsbau ab 2021

Bisher hat Joachimsthal etwa dreieinhalbtausend Einwohner. Die Wachstumsmöglichkeiten sind begrenzt, denn das Städtchen liegt mitten im Biosphären-Reservat Schorfheide-Chorin. Doch 2021 wird eine Veränderung bringen. Denn die neue Regionalplanung sieht Joachimsthal als „grundfunktionalen Schwerpunkt“ vor.

„Grundfunktionale Schwerpunkte“ dienen den Nachbargemeinden als wichtige Knotenpunkte und Versorgungszentren. Praktisch bedeutet das mehr Spielraum fürs Bauen. Laut Bürgermeister Knaak-Reichstein darf Joachimsthal dann in der nächsten Dekade zehn statt drei Hektar mit Wohnraum bebauen. Außerdem dürfen zusätzliche 1000 Quadratmeter für Verkaufsflächen ausgewiesen werden.

Kritik an den Wachstumsplänen

Die Idee, Joachimsthal wachsen zu lassen, stößt bei Gisbert Amm auf wenig Gegenliebe. Der Programmierer und Inhaber einer Lyrik-Buchhandlung lebt seit über zehn Jahren in Joachimsthal. „Man muss nicht alles zubauen“, sagt der Stadtverordnete von Bündnis 90 / Die Grünen. „Damit zerstört man den Charme einer solchen Ortschaft. Diese Siedlungen am Ortsrand, diese Einfamilienhäuser in Reihe - das ist einfach charakterlos.”

Stattdessen plädiert Amm für die Schaffung weiterer Schutzgebiete. Er könne sich auch gut vorstellen, Joachimsthal zu einem Modellprojekt zu machen: „Für diese Frage, wie können wir gut leben ohne extensives Wachstum? Wie können wir das, was da ist, optimal nutzen?“

Joachimsthal ist nicht Bernau

Bürgermeister Knaak-Reichstein (CDU) reagiert auf die Kritik mit Beschwichtigung. Er wolle „sachte“ bauen. Eine Mischung aus Ein- und Mehrfamilienhäusern. Knaak-Reichstein geht es dabei um etwa 500 Einwohner mehr, verteilt auf die kommenden zehn Jahre.

„Solche Baugebiete wie man im Speckgürtel sieht, wird man hier in Joachimsthal nie erleben“, sagt Knaak-Reichstein. „Das würde auch gar nicht funktionieren von der Gesetzeslage her.“

Zum Vergleich: Die Speckgürtel-Stadt Bernau plant derzeit ein neues Stadtquartier an der Schwanebecker Chaussee. Allein dort sollen nach Fertigstellung rund 5000 neue Bernauer leben.

Beitrag von Maximilian Horn