„Lindow ist so reizend wie sein Name. Zwischen drei Seen wächst es auf und alte Linden nehmen es unter ihren Schatten“. Schon für Theodor Fontane war Lindow ein Star, denn in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ schwärmte der Dichter für die Stadt in Ostprignitz-Ruppin. Und Fontane hatte wohl nicht ganz unrecht, auch heute ist die Kleinstadt bei Touristen beliebt. Die Lage an den Seen und das gute Klima bringen der Kleinstadt sogar den Titel „staatlich anerkannter Erholungsort“ ein. Lindow ist rund um das Jahr 1200 im Zusammenhang mit dem Kloster entstanden. Sein heutiges Stadtbild hat es vor allem nach dem großen Stadtbrand von 1803 bekommen. Nachdem fast die komplette Altstadt zerstört wurde, sind die Häuser im klassizistischen Stil aufgebaut worden. Wer in Lindow unterwegs ist, fühlt sich deshalb gerne mal so, als sei er in Neuruppin. Heute ist Lindow auch Sitz des gleichnamigen Amtes.

Lindows Geschichte ist eng mit dem Kloster verbunden. Etwa um 1230 wurde das Kloster vom Grafen von Arnstein als vierflügelige Klosteranlage gegründet. Es sollte unverheirateten Töchtern des Landadels eine angemessene Erziehung bieten. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster 1542 in ein evangelisches Damenstift umgewandelt. Allerdings zogen im Oktober 1638 kaiserliche Truppen unter Feldherr Glass durch Lindow und zerstörten das Kloster – nur die alte Klosterschule und das Waschhaus blieben erhalten. Die restlichen Ruinen wurden hingen immer wieder zur Baustoffgewinnung genutzt – unter anderem zum Bau des Oranienburger Schlosses. Seit 1946 wurde Evangelische Stift Kloster Lindow gegründet. Die Gemeinschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, die Anlage des ehemaligen Klosters zu sanieren und zu pflegen und so als lebendigen Ort in Lindow zu erhalten. Unter anderem gibt es am Platz der früheren Klosterkirche heute wieder Andachten.

Seit 2019 gibt es auf dem Klostergelände auch den „Garten des Buches“. Er ist das erste jüdisch-christlich-muslimische Gartenprojekt in Deutschland. Der Garten wurde in Form eines Labyrinths angelegt und in ihm wachsen Pflanzen wie Mandel-, Apfel- oder Zedernbäume. Sie finden sich sowohl in der Tora, der Bibel als auch im Koran. Informationstafeln zitieren daneben aus den heiligen Büchern und erklären den Kontext. Der „Garten des Buches“ soll damit ein generationen- und kulturübergreifender Begegnungs- und Lernort der drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam sein.

Erste Nachweise über jüdisches Leben in Lindow gibt es aus dem 17. Jahrhundert. Aber erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Region siedelten sich weitere Juden an, eine kleine Gemeinde gründete sich im 18. Jahrhundert. Sie bestand vor allem aus Mitgliedern der Kaufmanns-Familien Naumann und Michaelis. 1815 gab es in Lindow eine Synagoge – ein Betsaal im Dachgeschoss eines Hauses direkt am zentralen Marktplatz. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Gemeinde rund 50 Mitglieder. Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem einsetzenden wirtschaftlichen Abschwung veränderte sich jedoch die jüdische Gemeinde. Durch Abwanderung verlor die Gemeinde viele Mitglieder und schloss sich ab 1875 der Neuruppiner Synagogengemeinde an. Heute erinnert der relativ gut erhaltene Friedhof - unweit des städtischen Friedhofs - an die jüdische Geschichte der Stadt. Seit 1988 wird der jüdische Friedhof mit seinen rund 50 Gräbern von Mitgliedern der evangelischen Gemeinde gepflegt und erhalten. Seit 2011/12 erinnern zudem drei in Lindow verlegte Stolpersteine an das Schicksal der Familien Frankfurter und Kreide, die von den Nationalsozialisten enteignet, vertrieben, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden.

Wer in Lindow unterwegs ist kommt sofort in den Erholungsmodus. Das liegt vor allem an den drei Seen, zwischen denen die Kleinstadt eingebettet ist. Der größte ist der Gudelacksee mit rund 440 Hektar, gefolgt vom Vielietz- und dem Wutzsee. Mitten im Gudelacksee liegt die gut 45 Hektar große Insel „Werder“. Früher wie heute wird die Insel zum Teil landwirtschaftlich genutzt. Außerdem bietet das Projekt „Inselkind“ seit 2008 Projekte der Umweltbildung und Inseltage für Selbstversorger an. Und wer genug von Lindow hat, kann vom Wasser aus weit reisen, denn der Gudelacksee ist über den Rhinkanal mit den Ruppiner Gewässern verbunden. Von dort aus geht es über die Müritz bis zur Ostsee – Ahoi!

Lindow kann auf vielen Wegen erkundet werden – zu Wasser, auf dem Rad oder auf dem Pferd. Vor allem die drei Seen laden zu einem Ausflug ein. Dort können Besucher Motorboote, Hausboote, Flöße oder Kanus ausleihen und die Gewässer erkunden. Wer lieber auf das Fahrrad setzt, ist zum Beispiel auf der Drei-Seen-Tour“ richtig. Die rund 30 Kilometer lange Fahrradstrecke führt von Lindow aus um den Gudelack-, den Wutz- und zum Vielitzsee – entlang der „Deutschen Tonstraße“. Aber auch Pferdefreunde kommen mit dem Ponyhof in Lindow auf ihre Kosten – mit Westernreitkursen oder einer gemütlichen Kutschfahrt.

Die Stadtkirche von Lindow ist schon von weitem zu sehen oder besser gesagt ihr 36 Meter hoher Turm. Die Stadt erhielt 1457 die erste eigene Pfarrkirche. Zwei Brände im 18. Jahrhundert zerstörten allerdings die den Feldsteinbau und den Holzturm. Ab 1751 wurde schließlich die heutige evangelische Stadtkirche mit der berühmten Sauerorgel (um 1900) gebaut. Die barocke Kirche gehört heute zu den schönsten in Brandenburg. Besonders ist vor allem die Ausrichtung des Kirchturmes nach Osten und der in der Mitte der Kirche stehende Kanzelaltar.

Seit 1979 lädt die Kirchengemeinde in Lindow jedes Jahr zur Konzertreihe „Lindower Sommermusiken“ ein. Im Juli und August gibt es immer samstags Konzerte in der Stadtkirche. Die Atmosphäre in der Barockkirche und die gute Akustik sorgen dafür, das namhafte Künstler und Ensembles immer wieder nach Lindow kommen – darunter das preußische Kammerorchester oder Matthias Eisenberg, einer der bekanntesten deutschen Organisten. Die Konzerte der Lindower Sommermusiken sind kostenfrei. Um Spenden für die Finanzierung der Konzerte wird aber gebeten.

Angeln hat in Lindow eine lange Tradition – das zeigt sich jedes Frühjahr beim traditionellen Volksangeltag. Ausgerichtet wird das Hegefischen seit 1960 am Vielitzkanal von mehreren Lindower Anglervereinen. Los geht es am Morgen mit dem Umzug Neptuns und seiner Nixen durch die Stadt. Am Kanal versammeln sich schließlich die Petrijünger aus der ganzen Region, um den Sieg zu holen. Dabei gilt: wer den meisten Fisch aus dem Kanal holt, hat gewonnen. Teilnehmen kann an dem Volksangeltag jeder, der Lust hat. Am letzten Volksangeltag im Jahr 2019 nahmen rund 120 Angler teil und holten mehr als 100 Kilogramm Fische aus dem Vielitzkanal.

Am Ufer des Wutzsees – unmittelbar gegenüber der Klostermühle – steht die „schöne Nonne" im See. Die über zwei Meter große Skulptur wurde 2007 vom Bildhauer Peter M. Stajkoski geschaffen. Sie erinnert an die Sage der schönen Nonne Amelie. Die schöne Grafentochter verliebte sich in einen Armen Bauernburschen, worüber ihre Eltern nicht begeistert waren. Zur Strafe schickten sie ihre Tochter ins Kloster. Der Geliebte schlich sich allerdings eines nachts ins Kloster und kratzte so lange an der Klostermauer, bis ein Stein herausbrach und beide flüchten konnten. Unklar ist allerdings, ob die beiden in der dunklen Nacht durch den angrenzenden Sumpf entkommen konnten oder im Wutzsee ertrunken sind. Eines erzählt man sich aber noch heute: wer um Mitternacht in der Nähe der Klostermauer ist, kann das Kratzen des Geliebten hören.